
130 Jahre „Chanderli“
Jubiläum mit interessantem Festprogramm
Wer ist davon nicht begeistert – eine Zugfahrt, die entschleunigt und mit harten Bänken, lauten Signalen und weißen Rauchschwaden ein Gefühl von Vergangenheit vermittelt? Dieses Vergnügen mit viel Wind in den Haaren bietet eine Reise mit der dampfbetriebenen Kandertalbahn durch das reizvolle Kandertal von Haltingen bis in das Töpferstädtchen Kandern. Und wenn man möchte, geht es auch wieder zurück. Ein unvergessliches Erlebnis für Jung und Alt.
Am 29. April 1895 in Betrieb genommen, feiert die private Nebenbahn, die im Alemannischen auch liebevoll „Chanderli“ genannt wird, Anfang Mai ihr 130-jähriges Jubiläum mit einem spannenden Festprogramm für Profis und Laien. Da das 125-jährige Jubiläum wegen der Corona-Pandemie ausfallen musste, freuen sich die Organisatoren in diesem Jahr über ein hochkarätiges Festprogramm. Der Zuspruch ist groß, einige der Aktionen sind bereits ausgebucht.
Die Kandertalbahn als Museumsbahn
Die Kandertalbahn zweigt bei Haltingen-Weil am Rhein/Basel von der Rheintalstrecke ab und verbindet auf 13 Kilometern in etwa 45 Minuten den Weiler Stadtteil Haltingen mit dem Erholungsort Kandern. Sie führt durch die Gemeinden und Ortsteile Binzen, Rümmingen, Wittlingen, Wollbach, Hammerstein bis nach Kandern und überwindet dabei einen Höhenunterschied von 77 Metern. Die Bahnstrecke wurde vom 1. August 1894 bis 24. April 1895 – in nur 24 Wochen(!) – erbaut und war bis zum 31. Dezember 1983 im Personenverkehr in Betrieb. Seit dem 1. Mai 1986 ist die Kandertalbahn die einzige normalspurige Nebenbahn in Baden-Württemberg, die in ihrer vollen Länge mit allen Stationen erhalten geblieben ist und die ausschließlich als Museumsbahn betrieben wird.
Fahrbetrieb und Festprogramm 2025
Nach einer Corona-Pause ist die Kandertalbahn seit Juni 2021 wieder jährlich vom 1. Mai bis Ende Oktober zu ihren Erlebnisfahrten unterwegs. Aktuelle Termine, Fahrpläne und Preise sind auf der Website www.kandertalbahn.de ersichtlich. Zum Festprogramm lädt die Tourismus Information Kandern, der Zweckverband sowie der Verein Kandertalbahn vom Maifeiertag bis zum 4. Mai mit zahlreichen Veranstaltungen herzlich ein.
1. Mai
Am Maifeiertag werden Dampfzugfahrten nach Fahrplan von Kandern nach Haltingen und umgekehrt angeboten. Der erste Zug von Kandern startet um 9.15 Uhr, von Haltingen um 10.15 Uhr. Am Bahnhof in Kandern werden die Gäste durch die Bürgermeisterin Simone Penner empfangen und begrüßt. Um 11.00 Uhr wird die Meilenstein-Tafel (1895-2025) am Bahnhof enthüllt. Am Bahnhof in Haltingen gibt es die Gelegenheit, unter Anleitung eine Handhebel-Draisine in Bewegung zu setzen.
2. Mai
Der 2. Mai bietet ein Programm für „hartgesottene Eisenbahnfans“, wie Jürgen Lange, Oberster Betriebsleiter des Zweckverbands Kandertalbahn berichtet. Die exklusive Fotofahrt führt mit Diesel-Triebwagen zu ausgewählten Fotohalten. Eine Anmeldung ist erforderlich.
3./4. Mai
Das 3./4.-Maiwochenende gehört wieder der breiten Öffentlichkeit, Familien und Kindern. Neben einer Kinder-Dampfeisenbahn und einem Kinder-Dampfkarusell, die die Herzen der Jüngsten höherschlagen lassen, wird am 3. Mai gezeigt, wie die Güterbeförderung und der Güterumschlag in der Vergangenheit funktionierten. Dazu werden in Kandern zwei Traktoren auf einen Güterzug verladen, dieser an einen Personenzug angekoppelt und nach Wollbach transportiert. Dort angekommen werden die Traktoren mittels eines Krans wieder entladen. Auch ein historischer Stückgut-Lkw wird in Wollbach erwartet und das Stückgut umgeladen. Ein echtes Spektakel für alle Technik-Fans. Diese kommen auch in der Fahrzeugausstellung am Bahnhof in Kandern auf ihre Kosten. Vereinsbetriebene Verpflegungsstände mit Wurst, Steak und Pommes sowie Bierbrunnen mit kühlen Getränken sorgen an beiden Tagen für das leibliche Wohl. Am 4. Mai werden ebenfalls Dampfzugfahrten laut Fahrplan angeboten. Fahrgäste, die in historischen Kostümen erscheinen, sind herzlich willkommen. Die Veranstalter sind gespannt auf die Resonanz.
Die Fahrzeuge
Der für die Ausflüge eingesetzte Dampf-Personenzug führt in Zeiten zurück, als der Schienenverkehr praktisch durchwegs mit Dampfloks betrieben wurde. Die Industrialisierung und das florierende Gewerbe in Kandern waren der Motor für eine eigene Bahnstrecke im Kandertal. Die Wagen haben eine offene Plattform. Ihre Ausführung ist einfach gehalten und besteht aus wenigen Sitzplätzen der 2. und vielen der 3. Klasse, einem Abteil für Reisende mit Traglasten, einer Toilette sowie Raum für Gepäck- und Postbeförderung.
Die Betreiber
Die Kandertalbahn und der historische Museumszug werden gemeinsam vom Verein Kandertalbahn e.V. und dem Zweckverband Kandertalbahn betrieben.
Der Zweckverband Kandertalbahn
Der Zweckverband Kandertalbahn wurde Mitte der 1980er Jahre u.a. von der Stadt Kandern, dem Landkreis Lörrach und dem Vorstand der damaligen euroVapor – heute Kandertalbahn e.V. – gegründet. Er ist für die Infrastruktur und den Betrieb auf der Kandertalbahn zuständig und trägt die Verantwortung. Weiterhin erstellt und veröffentlicht der Zweckverband die Fahrpläne, legt die Fahrpreise fest und unterhält die Bahnanlagen. Auch die Personaleinteilung für die Züge sowie die Überprüfung der Fahrzeuge und Gewährleistung der Betriebssicherheit, gehört zum Aufgabenbereich des
Zweckverbands.
Neue Mitglieder ausdrücklich erwünscht
Restaurierung, Reparatur, Unterhaltung und Betrieb der Fahrzeuge werden durch den Kandertalbahn e.V. ausschließlich in ehrenamtlicher Arbeit ausgeführt. Der Verein, der zurzeit etwa 50 aktive Mitglieder im Alter zwischen 14 und 80 Jahren hat, ist wie eine große Familie. Gearbeitet wird jeden Samstag zwischen 10:00 und 17:00 Uhr und nach Absprache in der Werkstatt in Kandern, wo die Lokomotiven und Wagen beheimatet sind. Das Mittagessen wird gemeinsam im Mannschaftswagen eingenommen. Abends findet zum Ausklang oft noch ein Barbecue statt und man sitzt gemütlich zusammen. Der Verein freut sich immer über neue Mitarbeiter. Grundsätzlich kann jeder mitmachen. Eine spezielle Ausbildung ist nicht notwendig. Allerdings sollten Interessenten keine Scheu haben, schmutzige Hände zu bekommen – der Umgang mit Kohle, Öl und Ruß ist unvermeidlich. Neue Mitarbeiter erhalten zuerst eine Einweisung in die örtlichen Gegebenheiten und die allgemeine Arbeitssicherheit im Bahnbereich. Nach mehrjähriger aktiver Mitgliedschaft ist es möglich, die Betriebsdienstprüfung abzulegen – eine kostenlose Ausbildung für Nebenbahnen, die berechtigt als Rangierer, Schaffner, Zugführer oder sogar Lokführer tätig zu sein. Eine Mitgliedschaft (Jahresbeitrag 40,- EUR) ist als aktives und passives Mitglied möglich und über ein Formular auf der Website anzufragen.
Dr. Andrea Kühne
Kontakt
Zweckverband Kandertalbahn
Oberster Betriebsleiter Jürgen Lange
E-Mail: lange@kandertalbahn.de
Verein Kandertalbahn e.V.
E-Mail: verein@kandertalbahn.de
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Nebenbahnen sind Eisenbahnstrecken untergeordneter Bedeutung, die Vereinfachungen im Bau und Betrieb aufweisen. Die „Bimmelbahn“-Atmosphäre hat sich dadurch erhalten: es wird an den zahlreichen Bahnübergängen geläutet und gepfiffen. Auch bei Tempo 30 werden die Fahrgäste bei jeder Gleis-unebenheit durchgeschüttelt. Die Schienenstöße sind hier noch vorhanden und deutlich hör- und spürbar, was den besonderen Reiz einer Fahrt mit der Kandertalbahn ausmacht.
Streckendaten und Baukosten
Betriebseröffnung: 1.5.1895
Baukosten gesamt: 678.009,44 Mark
Streckenlänge: 12,9 km
Spurweite: 1.435 mm
Bildquelle: www.kandertalbahn.de
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