
Auf ein Wort
mit Tina Gwildies
1. Als Leiterin eines Tierheims muss man als Hauptvoraussetzung bestimmt ein großes Herz haben und viel ertragen können?
Ja, ein großes Herz ist schon die Grundvoraussetzung. Doch ohne breite Schultern, die die Verantwortung für so viele Schützlinge tragen können und auch dem Druck standhalten, der von vielen Seiten auf einen einströmt, geht es auch nicht.
2. Da Ihre „Auffangstation“ für Tiere und nicht für Menschen ist, stehen Sie natürlich nicht unter der Obhut des Staates und daher erhalten Sie auch keine Gelder. Wie kann man sie denn als „Normalo“ oder „Firma“ unterstützen?
Auch wenn es vielleicht abgedroschen klingt, aber das Wichtigste ist die finanzielle Unterstützung. Futter, Medikamente, spezielle Behandlungen, Pflege, … das alles kostet Geld. Nicht zu vergessen die laufenden Kosten für Strom, Wasser, Instandhaltung des Gebäudes/
Gelände, Reparaturen, Personalkosten…
3. Wie haben Sie als Leiterin des Tierheims die Pandemie erlebt?
Ich bin jemand der das Glas immer halb voll, statt halb leer, sieht. Und war mir sicher, dass wir das gemeinsam schaffen werden. Doch ich hatte schon das Gefühl, dass uns nach der Pandemie die Abgabewelle, der in Pandemiezeiten angeschafften Tiere, treffen wird. Und so ist es jetzt auch leider gekommen.
4. Was wünschen Sie sich ganz allgemein von der Bevölkerung im Umgang mit Tieren?
Mehr Respekt und Wertschätzung. Inzwischen kann man alles sofort und überall bekommen. Aber leider wird sich von dem auch schnell wieder getrennt. Wie in einer Wegwerfgesellschaft.
5. Sie hatten vor einigen Monaten mal ein „Vogelerlebnis“ der besonderen Art?
Ein LKW Fahrer meldete sich bei uns, dass er unterwegs sei und in der Hinteren Stoßtange ein Vogelnest mit Jungen entdeckt hat. Er käme nicht dran und sei auch nicht mehr an seinem Standort. So kam er Kurzerhand mit seinem LKW zu uns auf den Hof gefahren. Mit viel Geduld und Geschick konnten wir das Nest aus der Stange holen. Die vier Rotschwänzchen waren schon stark dehydriert aber wir konnten alle von Hand aufziehen und sie später auswildern.
6. Man wird oft ein dickes Fell benötigen für die Dinge, die man erlebt. Wo wurde bei Ihnen dann mal die Grenze erreicht?
Oft sind es ja sehr emotionale Momente wenn jemand sein Tier abgeben muss oder es beschlagnahmt wird. Und viele verlassen da leider den Weg des respektvollen Umgangs. Und so kommt es leider häufig zu Grenzüberschreitungen verbaler wie auch körperlicher Art. Und das ist zum einen sehr belastend und zum anderen auch völlig inakzeptabel.
7. Trotz des vielen Leids, das Sie zu häufig zu sehen bekommen, sind Sie und Ihr Team doch auch eine Art „Glücksboten“ – in der Tiermittlung beispielsweise haben Sie viele Familien bereichert? Gibt es hier eine besonders schöne Geschichte?
Da möchte ich gar keine herausheben. Es ist immer ein wunderschöner Moment, wenn ein Schützling in ein neues Zuhause umziehen darf oder es wieder in die Natur zurück kann. Natürlich ist es besonders schön, wenn ein „Langzeitbewohner“ endlich das große Los gezogen hat oder ein älteres und krankes Tier noch seinen Lebensabend in einem liebevollen Zuhause erleben darf.
8. Wieviel Tiere betreuen Sie täglich – nur damit man sich die Größenordnung mal vorstellen kann?
Im Schnitt haben wir täglich 250 bis 350 Tiere zu versorgen. Von der Maus bis zum Pferd.
9. Gibt es einen Menschen der Sie besonders beeindruckt oder inspiriert?
Daphne Sheldrick und Jane Goodall. Zwei starke Frauen mit einem enorm großen Herz für Tiere und einer unglaublichen Einsatzbereitschaft.
10. Wenn Sie Ferien machen, gehen Sie da auf eine einsame Insel fern ab von Mensch und Tier oder wie schalten Sie mal vom Alltag ab?
Ferien sind in diesem Bereich nicht ganz so oft möglich. Doch wenn es in den Urlaub geht, begegnen mir immer Tiere und ich nehme den verletzten Vogel am Straßenrand oder die abgemagerte Katze wahr. Da lässt sich das Tierschutzherz nicht abschalten.

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